50000 Km auf “Schwalbe”, Doppeldecker MOTTE der De Havilland Aircraft Company

De Havilland Motte - Doppeldecker

Das Raab-Katzenstein-Flugzeugwerk in Kassel hat den Bau der „De Havilland-Motte“ in Lizenz aufgenommen. Es hat sich zum Bau dieses englischen Fabrikates entschlossen, weil sich die „Motte“ im Laufe der Zeit als hervorragendes Reiseflugzeug bewährt hat und infolgedessen in allen Ländern eine erhebliche Nachfrage nach dieser Maschine vorhanden ist.

Die erste Motte wurde im Februar 1925 von der „De Havilland Aircraft Co., London“ hergestellt. Infolge der hervorragenden Flugeigenschaften hatte diese Neukonstruktion sofort einen durchschlagenden Erfolg. Dieser Typ wurde in sechs größeren Fliegerschulen Englands gleichzeitig eingeführt. Im Laufe der Jahre hat der Typ Motte über drei Millionen Flugkilometer unter den verschiedensten klimatischen Verhältnissen zurückgelegt. Während dieser Zeit wurde sie in jeder Beziehung vervollkommnet und steht in ihrer heutigen Form als Ergebnis jahrelanger Erfahrungen da.

Eine Reihe höchst beachtenswerter Langstreckenflüge ist ein guter Beweis für die Zuverlässigkeit sowohl des eingebauten 80 PS Cirrus-Mark II Motors als auch der Zelle selbst. Die Motte flog von London über Europa, Australien, nach Indien. Außerdem führte ein anderes Motte-Flugzeug den aufsehenerregenden Flug von London nach Kapstadt ohne irgendeinen Defekt durch; dies entspricht einer Strecke von zirka 12 800 Kilometern, also mehr als das Doppelte der Entfernung der Strecke Berlin – Neuyork. (red. Anm.: zu diesen Zeiten 1920er Jahre wurde New York so geschrieben). Die Leistungsfähigkeit der Motte zeigt sich auch in den jährlich stattfindenden großen Luftrennen um den Königspokal in England, welcher in den beiden letzten Jahren von der Motte mit Überlegenheit gewonnen wurde.

Die Motte hatte sich infolge ihrer hervorragenden Leistung in der ganzen Welt eingeführt und befindet sich bei den britischen Militärfliegerschulen, bei der australischen Luftmacht, bei 10 Zivilübungsplätzen in England, bei allen Flugzeugklubs in Australien, bei fünf Fliegerschulen in Südafrika, in Argentinien, in Chile, in Japan, in den Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Deutschland, Dänemark, Indien, Singapore, Neuseeland usw. in Gebrauch.

Bei der letztjährigen großen Veranstaltung der königlich-britischen Luftflotte waren die Geschwaderflüge von fünf Motten ein aufsehenerregendes Ereignis.

Die Motte ist kein Schönwetterflugzeug; sie ist bei Wind und Sturm leicht steuerbar und deshalb für Anfänger besonders geeignet. Ganz besonders hervorzuheben ist die gute Sicht, die sowohl dem Beobachter als auch dem Führer bei Überlandflügen ein gutes Orientieren ermöglicht. Sie ist insbesondere, da die Flächenpaare anklappbar sind, und infolgedessen in jeder Garage untergestellt werden kann, das wirkliche, langgesuchte Reiseflugzeug des Privatmannes.

Die technischen Einzelheiten der Motte sind im nachfolgenden zusammengestellt:

Die Tragzelle

Die tragende Zelle stellt einen einstieligen, verspannten Doppeldecker dar. Die Verspannung ist in der vorderen und hinteren Holm- und Stielebene durch Haupttragkabel und Gegenkabel ausgeführt. Zwischen den Stielpaaren ist eine Tiefenkreuzverspannung angeordnet. Die Fläche wird durch Innenauskreuzung und Distanzstreben die nötige Steifigkeit verliehen. Das auf diese Art gebaute räumliche, statisch bestimmte Fachwerk hat den Vorteil, daß beim Bruch eines Hauptkonstruktionsgliedes die von diesem Hauptkonstruktionsglied aufzunehmende Kraft auf die benachbarten übergeleitet wird und das Tragwerk als Ganzes noch imstande ist, mäßige Kräfte aufzunehmen.

Die Tragflächen

Die obere und die untere Fläche sind geteilt und am Baldachin bzw. an der Rumpfunterkante angeschlossen. Die Flächen sind in altbewährter Holzkonstruktion ausgeführt. Je zwei aus Spruceholz bestehende Holme einer Tragfläche sind miteinander durch Distanzstiele und Innenauskreuzungen verbunden. Die Form der Fläche wird durch tragende Rippen in Fachwerkkonstruktion gebildet. Starke Nasenleisten und Randbögen aus Dural lassen ein bequemes Handhaben der Maschine am Boden zu. Die vorderen Flügelaufhängebolzen sind mit neuartigen Federverschlüssen versehen, die es ermöglichen, ohne Zuhilfenahme eines Schlüssels die beiden Flügel durch einfache Handgriffe rechts und links an den Rumpf anzuklappen und zu befestigen. An jedem Oberflügel ist ein teleskopartig ausziehbares Rohr angelenkt, welches beim Zusammenklappen ausgezogen wird und als Distanzrohr zwischen Ober- und Unterflügel beim Zusammenfalten zwischengeschaltet wird.

Die Spannweite der zusammengefalteten Maschine beträgt dann nur noch drei Meter, so daß die Maschine nicht mehr Raum beansprucht als ein mittleres Personenauto. Die Zellenstiele sind aus Spruceholz und tropfenförmig profiliert. Mit an den Stielenden angebrachten Stahlbeschlägen werden die Stiele durch Gelenke an die Tragflächen angeschlossen, so daß ein Würgen bei Deformation der Zelle nicht auftreten kann.

Die Tragflächen sind mit Leinen bespannt, welches nach einem neuartigen Spritzverfahren imprägniert wird. Auf der rechten unteren Fläche befindet sich in Rumpfnähe ein großes Trittbrett zum bequemen Einsteigen und zum Hantieren am Motor.

Ansicht des MotoreinbauesAnsicht des Motoreinbaues

Der Rumpf

Der Rumpf ist in neuartiger Holzkonstruktion ausgeführt. Je zwei Spruceholme mit verschiedenen Längs- und Diagonalstreben bilden ein Fachwerk, welchem durch Beplankung durch Sperrholz die nötige Steifigkeit verliehen wird. Diese Seitenwände werden dann durch Traversen und Beplankung des Bodens zu dem Rumpf zusammengesetzt. Der Deckel wird durch eine gewölbte Sperrholzhaut gebildet. An den unteren Holmen sind die Fahrgestellanschlußbeschläge, an den oberen Holmen die Beschläge für den Baldachin befestigt. Die oberen Holme sind vorn durchgeführt und dienen gleichzeitig zur Befestigung des Motors. Abgestützt werden diese Motorträger durch zwei Diagonalen und zwei Stahlrohrstreben. Diese Art der Motorlagerung hat den besonderen Vorteil, daß die Vibration des Motors gedämpft und dadurch Rumpf und Zelle von den Vibrationen freigehalten werden.

Der Spant unmittelbar hinter dem Motor ist mit einer Asbest- und Metallplatte beschlagen, um das Innere des Rumpfes und die Insassen gegen Feuersgefahr zu schützen. Durch einfaches Abnehmen der Rumpfverkleidung ist der Motor von allen Seiten leicht zugänglich. Zum bequemen Ein- und Aussteigen für den Fluggast ist eine nach unten aufklappbare Tür auf der rechten Seite angebracht.

Am vorderen Teil des Rumpfes in der Gegend des Gastsitzes ist der Baldachin an den oberen Rumpfholmen befestigt. An den Seiten sind die Befestigungsbeschläge für die Oberflügel angeordnet. Der Baldachin nimmt in seinem mittleren Teil den zirka 85 Liter fassenden Betriebsstofftank auf. Hinter dem Führersitz ist ein besonderer Gepäckraum vorgesehen.

Das Triebwerk

Zum Antrieb dient der luftgekühlte 80-PS-Cirrus-Mark-II-Motor. An Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit wird dieser Motor von keinem anderen Sportflugzeugmotor erreicht. Die mit tiefen Kühlrippen versehenen Stahlzylinder sind einzeln in Reihe angeordnet. Die Leichtmetallzylinderköpfe sind abnehmbar und nehmen die hängenden Ventile auf. Die Ventilsteuerung wird durch Kipphebel und Stößelstange durch die im Gehäuse liegende Nockenwelle betätigt. Ausgrüstet ist der Motor mit einem Vergaser und zwei Magneten. Die Druckölung arbeitet ausschließlich mit Gehäuseöl. Das Gehäuse nimmt zirka 8 Liter Öl auf, so daß sich ein besonderer Öltank erübrigt. Kontrolliert wird der Motor durch einen Tourenzähler und ein Ölmanometer. Zur besseren Dämpfung des Motorgeräusches ist ein langes Auspuffrohr an der linken Seite des Rumpfes bis hinter den Führersitz geführt.

Die Steuerung

Je ein Steuerknüppel und Fußhebel für Pilot und Begleiter sind miteinander gekuppelt. Am Fußhebel sowie am Steuerknüppel sind einstellbare Federzüge angebracht, um die auftretenden Steuerdrücke im Geradeausflug aufzuheben und so die Handhabung der Maschine in der Luft zu erleichtern. Die Maschine läßt sich auf diese Weise bei ruhigem Wetter freihändig fliegen. Die Steuerwelle, mit der die Steuerknüppel gelenkig verbunden sind, ist in der Mitte des Rumpfes gelagert. Auf dieser Welle ist ein Hebel zum direkten Anschluß der Querruderseile angebracht. Die Verbindung zwischen Seiten- und Höhenruder und den Steuerorganen geschieht mittels Steuerseilen. Höhen- und Seitenruder sind zur erhöhten Sicherheit mit doppelten Steuerseilen versehen.

Das Leitwerk

Das Leitwerk ist in Holzkonstruktion mit Bögen aus Duralrohr ausgeführt und mit Leinen bespannt. Das Seitenruder ist durch eine Ausgleichklappe ausgeglichen, um auftretende Torsionen in der Ruderachse zu vermeiden. Alle Scharniere sind aus vollem Material gearbeitet. Die Lagerstellen sind leicht zugänglich. Die Höhenflosse besteht aus einem Stück und ist nach unten abgestrebt. Die Querruder befinden sich an der unteren Targfläche und werden durch Steuerseilzüge betätigt. Die Querruderseile sind im Innern der Unterflügel geführt und enden in der Gegend der Flächenstiele in einer kurzen Kette, die ein Zahnrad betätigt. An diesem Zahnrad ist ein Gestänge befestigt, das die Übertragung zu den Verwindungsklappen aufnimmt. Das Gestänge ist mit kleinen Kugellagern ausgerüstet. Alle Steuerseile sind durch zwischengeschaltete Spannschlösser nachstellbar.

Führer- und BegleitersitzFührer- und Begleitersitz

Das Fahrgestell

Das Fahrgestell ist in bewährter Konstruktion mit durchgehender Achse ausgeführt. Die Gummischeibenfederung ist im hinteren Fahrgestellschenkel untergebracht und außen tropfenförmig verkleidet. Dem Fahrgestell wird durch eine Drahtauskreuzung die nötige Festigkeit verliehen.

Ausrüstung

Geschwindigkeitsmesser, Höhenmesser und Neigungsmesser.

Hauptdaten des Flugzeuges

Motor: 80-PS-Cirrus-Mark-II;
Besatzung: 2 Personen;
Leergewicht: 387 kg;
Zuladung: 315 kg;
Fluggewicht: 702 kg;
Betriebsstoff für zirka 5 Stunden.

5.II.1928
Motor und Sport

[seamless-donations]

110902

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