Eine Segelfliegerschule im Erzgebirge

Die sächsischen Flugvereine besitzen keine eigene Segelfliegerschule für Jungflieger. Dank der Initiative des Obererzgebirgischen Vereins für Luftfahrt und seines rührigen Vorsitzenden ist die Lücke beseitigt worden. An der Hundsmarter bei Schwarzenberg, Bahnstation Pöhla, wurde ein für Gleit- und Segelflüge sich sehr gut eignendes Gelände ausfindig gemacht und von der Sachsengruppe Schwarzenberg des Deutschen Luftfahrerverbandes bereits erprobt. Mehrere Flüge von 600 und 900 m Länge, sowie durch eine S-Kurve ergaben die Eignung des Geländes. Vortrefflich eignen sich für den kommenden Ausbau dieser Segelfliegerschule die gebäude des seit 1923 stillgelegten Kalk- und Eisenerzbergwerks „Neusilber-Hoffnung-Fundgrube“, dessen Schacht- und Maschinengebäude die Unterbringung der schulenden Flieger in größerer Anzahl recht gut ermöglichen. Der Autoschuppen der ehemaligen Grube beherbergt bereits zwei Schulmaschinen, auch können das Huthaus und die Schmiede des früheren Bergwerks für den weiteren Ausbau vorteilhaft verwendet werden.

600-m-Flug des Jungsfliegers SCHUMANN am 26. Februar 1928600-m-Flug des Jungsfliegers SCHUMANN am 26. Februar 1928

In der vergangenen Woche hat der als Autorität geltende Rhönsegelflieger Stamer in Begleitung des Geschäftsführers der Sachsengruppe, Hauptmann von Begulin, das Gelände am Pöhlberg bei Annaberg und an der Hundsmarter bei Schwarzenberg besichtigt und erprobt. Während Stamer das Pöhlberggelände als ungeeignet ablehnte, fand er das Hundsmartergelände zum Schulen für Gleitflüge, zum Kurvenfliegen und eigentlichen Segelfliegen unter Ausnützung des Windes und Überhöhung des Startplatzes für vorzüglich. Bei strahlendem Sonnenschein wurde an einem Sonntag in Anwesenheit einer zahlreich erschienenen Zuschauermenge trotz schwachen Windes von 7 km pro Stunde seitens der Jungflieger recht eifrig geschult und von diesen bereits Flüge von 600 m Länge ohne jeden Bruch ausgeführt.

In den nächsten Wochen wird die Gründung der „Sächsischen Segelfliegerschule Schwarzenber-Pöhla“ in der einzuberufenden Versammlung der aus 16 Vereinen bestehenden Sachsengruppe des DLV. hoffentlich Tatsache werden und das Erzgebirge neben der Rhön und Rossitten ebenfalls ein Hauptpunkt des Segelfluges in Deutschland werden. Die Flieger könnten dann in der erzgebirgischen Fliegerschule den A- und B-Schein erwerben und hierauf in der Rhön oder Rossitten die C-Prüfung ablegen, wodruch einer Überfüllung der bisher bestehenden Fliegerschulen vorgebeut würde und außerdem für die mitteldeutschen Schüler die Ausbildungskosten verringert werden. Wichtig wäre, daß die Grundstücksanlieger und in Betracht kommenden Feldbesitzer Entgegenkommen zeigen und zur Vermeidung von Feldschäden das Fluggelände nur als Gras- oder Kartoffelland benützen. Auch ist es nötig, während des Schulens, besonders an Sonntagen, durch polizeiliche Aufsicht die Zuschauer am Betreten der Felder zu verhindern.

Fluggelände der Sächsischen Fliegerschule mit dem Bergwerk Neusilber-Hoffnung-Fundgrube an der Hundsmarter im ObererzgebirgeFluggelände der Sächsischen Fliegerschule mit dem Bergwerk Neusilber-Hoffnung-Fundgrube an der Hundsmarter im Obererzgebirge

Für flugbegeisterte Schüler der sächsischen höheren Schulen, der Ingenieurschule Zwickau, der sächsischen technischen Anstalten und der Berufsschulen ergeben sich innerhalb der Ferien ganz besonders günstige Ausbildungsmöglichkeiten. Seitens der sächsischen und angrenzenden Schulgemeinden und des Staates könnte durch Gewährung von ganzen und halben Freistellen für manchen Schüler eine günstige Ausbildungsmöglichkeit an Stelle der bisher üblichen Erholungsreisen auf das Land und in die Ferne geschaffen und dadurch gleichzeitig die „Sächsische Segelfliegerschule“ finanziell auf eine feste Basis gestellt werden.

29.IV.1928
Maximilian Kreissel-Leipzig
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