Werbung kontra Realität – KRONEN ZEITUNG und Schutzwegsicherung

Der nachgestellte Anlaßfall betreffend KRONEN ZEITUNG

Man sollte vorweg darauf hinweisen, daß wohl kaum eine Tageszeitung in Österreich existiert, die auch via Verkaufsentnahmebeutel auf öffentlichem Straßengrund vertrieben wird und nicht von dieser Thematik betroffen ist. Dennoch veranlaßte uns ein konkreter Fall, die KRONEN ZEITUNG betreffend, den Sachverhalt genauer zu beleuchten, der die Anbringung von Verkaufstaschen auf Verkehrszeichen beinhaltet. Gerade die KRONEN ZEITUNG, die seit wenigstens zwei Jahren mit derart großer Werbefläche auf den Jacken der Schülerlotsen die Hebung der Verkehrssicherheit offenkundig propagiert, daß wir beim ersten Mal des Ansichtigwerdens dieser Werbung davon ausgingen, daß es sich um Straßenkolporteure der Tageszeitung handelt.

Schülerlotse mit Werbung der KRONEN ZEITUNGSchülerlotse mit Werbung der KRONEN ZEITUNG

Wasser predigen und Wein trinken – so ist die Realität. Fakt ist, daß die Zeitungsbeutel der KRONEN ZEITUNG und anderer Zeitungen ebenso an Verkehrszeichen angebracht werden, die einmal mehr, ein anderes mal weniger, die Erkennbarkeit der Verkehrszeichen beeinträchtigen und bis hin zu einer Gefährdung der Kinder auf dem Schutzweg reichen. Den Umstand, daß ein Zeitungsverkaufsbehälter dergestalt an einem Verkehrszeichen, nämlich der Kennzeichnung eines Schutzweges, angebracht war, daß damit nicht nur ein Teil der Hinweistafel abgedeckt wurde, sondern auch der Sichtbereich sowohl des sich dem Schutzweg annähernden Fließverkehrs als auch der Kinder auf den ankommenden Verkehr wesentlich behindert wurde. Nur eine Notbremsung verhinderte im Bereich dieses Schutzweges, daß ein Kind angefahren wurde.

Sichtfalle Zeitungsverkauf auf VerkehrszeichenSichtbehinderung: Ein Fußgänger kann im vorderen Bereich dieses Schutzweges bereits die Fahrbahn betreten haben ohne den Fließverkehr einsehen zu könen

Wie verhält es sich nun in Österreich mit der Anbringung von Verkaufstaschen von Zeitungen an Verkehrszeichen? Mit folgender Sachverhaltsdarstellung wandten wir uns an die Autofahrerclubs, den ÖAMTC, den ARBÖ, den  VCÖ und das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie:

In der Vergangenheit, auch durch Zunahme des Tageszeitungsangebotes bedingt, konnte die Feststellung gemacht werden, daß nicht nur Straßenverkaufsbehältnisse für Tageszeitungen an Verkehrszeichen angebracht werden, sondern die Anbringung auch bereits in einer derartigen Art vorgenommen wird, daß Verkehrszeichen teilweise abgedeckt sind. In einem konkret dokumentierten Fall war ein Hinweiszeichen gem. § 53/2a „Kennzeichnung eines Schutzweges“ zu einem Drittel abgedeckt. Ein Kind, welches am Gehsteigrand stand um die Straße über den Schutzweg zu überqueren, konnte nicht rechtzeitig erkannt werden – es kam zu einer Notbremsung eines Kfz-Lenkers, als das Kind den Schutzweg betrat. Daraus resultierend werden Sie um Beantwortung folgender drei Fragen ersucht:

.) Ist es grundsätzlich zulässig, daß Unternehmen Verkaufsbehältnisse an Einrichtungen die zur Regelung und Sicherung des Verkehrs dienen, anbringen dürfen?

.) Ist es erlaubt, daß Verkaufsbehältnisse für Tageszeitungen in einer derartigen Art und Weise angebracht werden, daß damit, wenn auch nur eine teilweise, eine Abdeckung der Verkehrzeichen erfolgt?

.) Wird Ihre Organisation die Thematik aufgreifen um das Ziel zu erreichen, daß sowohl der gesetzmäßige Zustand wieder hergestellt wird und damit Verkehrsteilnehmer sich auf das wesentliche Element konzentrieren können, nämlich dem uneingeschränkten Erfassen der Verkehrssicherheitseinrichtungen?

(Die vollständigen Stellungnahmen des ÖAMTC und des  ARBÖ lesen Sie auf den Seiten 2 und 3. dieser Reportage). Vom Verkehrsministerium sowie vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) erhielten wir keine Antwort.

Aus den Antworten ergibt sich zusammenfassend, daß die Anbringung an Straßenverkehrszeichen gemäß § 31/2 StVO verboten ist und grundsätzlich die Aufstellung von Selbstentnahme-Boxen für Zeitungen gem.  § 82/1 StVO bewilligungspflichtig ist. Der ÖAMTC weist in seiner Stellungnahme zusätzlich darauf hin, daß der Gesetzgeber im Rahmen seiner 21. StVO-Novelle den § 31 Abs. 3 StVO geschaffen hat, der die Grundlage dafür bildet, daß die Kosten für die Entfernung dem Verursacher verrechnet werden können.

Sollten Sie einschlägige Wahrnehmungen haben, die eine Beeinträchtigung oder Gefährdung der Verkehrssicherheit durch angebrachte Behältnisse von Zeitungsentnahmebeuteln betreffen, so können Sie auch die Organe der Straßenaufsicht wie Polizei verständigen, die dann durch eigene dienstliche Wahrnehmung von Amts Wegen einzuschreiten haben (Offizialdelikt). Unserer Meinung nach ist es nicht unbedingt erforderlich, sofern die Polizei kommt und die Beamten die eigene dienstliche Wahrnehmung haben, daß Sie als Aufforderer unter Angabe Ihrer persönlichen Daten in Erscheinung treten müssen. Weisen Sie auf den offensichtlich gesetzwidrigen Zustand hin und lassen Sie sich von dem Beamten eine Visitenkarte mit Dienstnummer aushändigen, insbesondere dann, wenn er sich weigert die offensichtliche Verwaltungsübertretung aus eigenem Antrieb zu verfolgen.

Der ÖAMTC zur rechtswidrigen Anbringung von Zeitungstaschen an Verkehrszeichen

Der Standard und Die Presse an einem VerkehrszeichenDer Standard und Die Presse an einem Verkehrszeichen

Der Verkehrsjurist Mag. Martin HOFFER nahm wie folgt Stellung:

Wie Sie schon richtig im „Betreff“ erwähnen, ist § 31 StVO eine der einschlägigen Bestimmungen. Wir sehen keinen Grund, warum Zeitungsständer nicht in den Verbotsbereich des § 31 Abs 2 fallen sollten. Gem § 35 StVO können Gegenstände, die den freien Blick auf Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs behindern, den Anlass für einen Beseitigungsbescheid bilden. Sie sind aber auch bei Gefahr im Verzug durch Organe der Straßenaufsicht zu beseitigen. Zu diesem Zweck wurde mit der 21. StVO-Novelle § 31 Abs 3 geschaffen, der die Grundlage dafür bildet, dass die Kosten für die Entferung dieser Gegenstände der diese unerlaubt anbringenden Person oder Unternehmung verrechnet werden können.

Was den dritten Punkt Ihrer Anfrage anlangt, kann der ÖAMTC nur ganz allgemein auf die Einhaltung der Vorschriften, nicht nur durch Straßenbenützer sondern auch durch Straßenerhalter und Verkehrsüberwachung drängen. Haben Sie daher bitte Verständnis dafür, dass wir uns in einzelnen Situationen auf Mitteilungen durch Straßenbenützer stützen müssen und diese Informationen gegebenenfalls auch nur an die zuständigen Behörden weiterleiten können.

Wir erinnern aber auch immer wieder die Bürger daran, dass sie selbst bei Erkennen gefährlicher Situationen dieser Art die nächste Sicherheitsdienststelle informieren sollten. Wir wären Ihnen dankbar, wenn auch Sie Ihr Medium zum Verbreiten dieses Aufrufes einsetzen könnten.

Mit freundlichen Grüßen
Mag. Martin Hoffer
ÖAMTC-Rechtsdienste

Der ARBÖ zur rechtswidrigen Anbringung von Zeitungstaschen an Verkehrszeichen

Beispiel Kronen Zeitung und Kurier Verkaufseinheiten auf einem Verkehrszeichen montiertBeispiel Kronen Zeitung und Kurier Verkaufseinheiten auf einem Verkehrszeichen montiert

Die Pressesprecherin Frau Mag. Lydia NINZ teilt unter Berufung auf die Auskunft von Herrn Dr. Gerald HUFNAGEL vom ARBÖ-Rechtreferat wie folgt mit:

§ 31 Abs 2 StVO normiert das Verbot, an Straßenverkehrszeichen u.. dgl. Beschriftung, Schilder „oder dgl.“ anzubringen.
Darunter fallen auch Einrichtungen zum Verkauf von Zeitungen.

§ 82 Abs 1 StVO normiert eine Bewilligungspflicht für die Nutzung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen Luftraumes. Unter die Bewilligungspflicht nach § 82 Abs 1 StVO fallen gemäß VwGH 21.5.1970, ZVR 1971/32 auch die Einrichtungen zum Verkauf von Zeitungen an Straßenverkehrszeichen. Die Bewilligung hat vom Straßenerhalter, etwa der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu erfolgen.

Zur Frage 3: Selbstverständlich wird sich dar ARBÖ im Sinne der Verkehrssicherheit dafür einsetzten, dass der gesetzmässige Zustand wieder hergestellt wird (dort wo dies nicht der Fall ist) und sich selbstverständlich weiterhin dafür einsetzen, dass die Verkehrsteilnehmer beste Voraussetzungen dafür bekommen, sich auf das wesentliche konzentrieren zu können.

Mit besten Grüßen
Mag. Lydia Ninz
ARBÖ-Pressesprecherin

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